Ostern – für viele ist es das Fest der Familie mit Osterhasen, bunten Eiern und Festtagsbraten. Für die Katholiken ist es das Fest des Leidens Jesu, seines Todes und der Auferstehung. Weshalb lohnt es sich, eines der höchsten Feiertage der Katholischen Kirche im Hinblick auf die Bedeutung der Endlichkeit genauer zu betrachten?
Immer wieder werden wir mit dem Tod und somit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert. Oma und Opa sterben, Freunde verunglücken tödlich, geliebte Menschen kämpfen gegen Krebs oder wie jetzt gegen eine Virusinfektion. Der Tod kommt schleichend oder plötzlich, aber er kommt. Niemand verlässt die Erde lebend. Diese Selbstverständlichkeit ist aber nicht einfach zu ertragen. Wie sagte der griechische Philosoph Sokrates 400 Jahre vor Christus: „Niemand weiß, was der Tod ist, nicht einmal, ob er nicht für den Menschen das größte ist unter allen Gütern. Sie fürchten ihn aber, als wüssten sie gewiss, dass er das größte Übel ist.“ Über das Sterben spricht man nicht. Es ist kein Thema. Wir leben, als ob wir nicht sterben würden. Sterben macht Angst. Nicht nur für denjenigen, der stirbt, sondern auch für die Menschen, die hierbleiben müssen. Abschied tut weh, Verlust und Trauer verursachen seelischen Schmerz.
Endlichkeit ist ein Teil unseres Lebens. Wir werden geboren und am Ende unseres Lebens zu sterben. Der Tod nimmt uns aber die Sicherheit. Wir wissen nicht wann es vorbei ist. Es ist nichts planbar, kontrollierbar, vorhersehbar. Gerne würden wir den geliebten Menschen immer an unserer Seite haben, aber dem ist in den seltensten Fällen so. Wir planen unser Leben, als ob wir immer alt werden würden. Wenn dem so ist, ist es für viele ein Segen, zum Beispiel die eigenen Enkelkinder zu erleben, die Welt als Rentner kennen zu lernen, den Lebensabend mit Freunden zu genießen. Da das Leben aber nicht vorhersagt, wann es zu Ende ist, gilt es sich bewusst zu machen: Was möchte ich im Leben noch sehen oder erreichen? Was möchte ich hinterlassen? Wie möchte ich in Erinnerung bleiben? Jeder Tag, jede Stunde, jede Minute ist ein Geschenk. Leben kann man sich nicht kaufen, Leben kann man nicht verlängern, Leben ist kein Besitz. Dennoch verhalten wir uns so, als ob das Leben unser Eigentum ist. Wir beschützen es und rücken es auf ein Podest, es ist uns heilig, unser eigenes Leben und das Leben der anderen Menschen.
Wer sich jedoch mit dem Sterben auseinandersetzt, lebt wahrhaftig. Krankheit fordert auf, sich mit dem Tod zu beschäftigten. In solchen Momenten der Betroffenheit, im Angesicht des Todes, wägt man ab zwischen wichtig und unwichtig. Viele Nichtigkeiten verlieren an Bedeutung. Gerade jetzt mit der Pandemie und zugleich dem Osterfest sind wir aufgefordert, uns mit unserer Endlichkeit vertraut zu machen. Schauen wir einmal auf die christlichen Erzählungen: Der Abend vor dem Karfreitag feierte Jesu mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl. Beim Paschafest reichte Christus den Jüngern Brot, brach es in Teilen und reichte einen Kelch mit Wein. Es wurde gegessen und getrunken. Es wurde gefeiert. Jesus ahnte seinen bevorstehenden Tod und verabschiedete sich bewusst mit einem gemeinsamen Erlebnis und dem Auftrag an die Jünger: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Dieses gemeinsame Erleben am Tisch des letzten Abendmahles sollten alle Jünger in Erinnerung bewahren. Das zweite Element des letzten Abendmahls war die Fußwaschung, die Jesus an den Aposteln vorgenommen hat. Die Waschung als solches deutet auf die Symbolik der äußeren und inneren Reinheit hin. Hier könnten wir uns die Frage stellen: Wie rein bin ich? Habe ich etwas Ungeklärtes? Gleichzeitig ist die Fußwaschung auch ein Zeichen der Hingabe, dem freien Dienen aus Liebe und somit ein Akt der Nächstenliebe.
Das Sterben dient der eigenen Entwicklung. Abschiede bewusst zu erleben, bedeutet auch, selbständig als Selbst weiter zu leben. Ein Trost ist, die Erinnerungen werden uns nicht genommen und somit weilt der Mensch physisch dann nicht mehr auf der Erde, ist aber dennoch in uns und unter uns. Am Ostersonntag wird dies bildlich mit der Auferstehung dargestellt: Selbst wenn du stirbst, du wirst ewig leben. Die Auferstehung bedeutet Hoffnung auf eine Zukunft, jenseits unserer Vorstellungskraft.
Nutzen wir doch die Ostertage für den bewussten Umgang mit dem Leben. Ein schönes Osterfest wünscht Ihnen Anita Schmitt.